Der Odenwaldkreis hat gerade als ländlich geprägter Unternehmensstandort viele Vorteile gegenüber urbanen Zentren. Das wurde beim ersten Odenwälder Wirtschaftsforum deutlich, zu dem Landrat Frank Matiaske am Dienstagnachmittag (21.5.) in Erbach rund 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßen konnte. Mehrfach wurde betont, wie eng und gut die persönlich geprägten Beziehungen im Odenwaldkreis sind, etwa zwischen Entscheidungsträgern aus Unternehmen und Schulen sowie Verwaltungen und in mehreren Netzwerken – das sei geradezu ein Alleinstellungsmerkmal. „Dieses lebendige Gefüge ist ein großes Plus. Ich wünsche mir, dass wir es gemeinsam noch intensiver nutzen. Hierzu wollen wir auch mit diesem Tag beitragen“, hob Landrat Matiaske in der Werner-Borchers-Halle hervor.
Gerade bei der Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist jene Art von Kooperation hilfreich. Das wurde besonders in einer Podiumsdiskussion über Fachkräftesicherung anschaulich. Hierbei sei die persönliche Ansprache durch Unternehmenslenker extrem wichtig, gerade mit Blick auf Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern, aber auch auf langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
An der Diskussion nahmen Dr. Christa Larsen (Institut für Arbeit, Wirtschaft und Kultur der Goethe-Universität), Martin Schlingmann (Kreishandwerksmeister), Rudolf Burjanko (Vorsitzender der Industrievereinigung Odenwaldkreis), Thorsten Wohlgemuth (Lern- und Forschungszentrum Odenwald) und Dr. Peter Kreuz teil. Kreuz hatte zu Beginn der Veranstaltung bereits einen Impulsvortrag gehalten. In der Diskussion wurde auch die Bedeutung von Zuwanderung für den Odenwälder Arbeitsmarkt betont sowie die wichtige Rolle von Dualen Studiengängen, durch die Studierende den Berufsalltag hautnah kennenlernen können. Die Arbeit im Lern- und Forschungszentrum, das im Beruflichen Schulzentrum Odenwaldkreis beheimatet ist, wurde mehrfach hervorgehoben, da es Schülerinnen und Schülern eine wichtige Orientierung biete. Daneben gibt es im Odenwaldkreis bereits zahlreiche Initiativen in der Berufsorientierung für junge Menschen.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten die Wahl zwischen zwei Podiumsdiskussionen. Die zweite befasste sich mit der Bedeutung der Digitalisierung in Unternehmen. In dieser Runde diskutierten Claus Lau von der Industrievereinigung Odenwaldkreis und Kai Schwardt (SCV GmbH) miteinander. In diesem Gespräch ging es auch um die Rolle von Künstlicher Intelligenz und deren Einführung in Betrieben. Als unerlässlich wurde es in diesem Zusammenhang erachtet, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufzuklären und mitzunehmen – „sonst geht die Sache schief“. Auch wurde dafür geworben, darauf zu achten, worüber man spricht, denn Digitalisierung und Künstliche Intelligenz seien voneinander zu unterscheiden. Wichtig sei auch, wo was hilfreich sei. Beides habe in unterschiedlichen Bereichen – etwa in der Produktion oder im Büro – einen unterschiedlichen Nutzen. Auch die Datensicherheit spielte in der Diskussion eine wichtige Rolle.
In seinem Impulsvortrag ermunterte Dr. Kreuz, Unternehmer, Autor und bekannter Vordenker zu Strategie, Innovation und Führung, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu, sich im Unternehmensalltag die nötige Zeit und Freiräume zu nehmen, um sich strategisch auf künftige Herausforderungen einstellen zu können und zu agieren als vornehmlich zu reagieren. Ebenso rief er zu mehr Experimentierfreude in Unternehmen auf, einschließlich einer guten Fehlerkultur, dank derer man aus Misserfolgen lernen könne. Kreuz illustrierte dies mit mehreren Beispielen und Zitaten namhafter Unternehmer. Auch rief er ins Gedächtnis, wie wichtig es sei, auch einmal „Nein“ zu sagen und Grenzen zu setzen – im persönlichen wie im unternehmerischen Kontext. Er riet dazu, neben To-do-Listen auch Not-to-do-Listen zu führen.
Das Wirtschaftsforum soll künftig einmal im Jahr stattfinden. Die Teilnehmenden haben in einer direkten online-Umfrage zahlreiche Themenvorschläge gemacht, nicht zuletzt im breiten Themenfeld Digitalisierung, aber zum Beispiel auch Lösen von Unternehmenskrisen, und Hilfen bei der Nachfolgregelung in Unternehmen, Nachhaltigkeit und Bürokratieabbau. Mehrfach hoben sie hervor, dass sie die Tagung als ermutigend und anregend empfanden.
Die Tagung geht zurück auf einen einhelligen Kreistagsbeschluss, der auf einem Vorschlag der CDU-Fraktion basierte. Ziel ist die Etablierung einer Reihe von Wirtschaftsforen. Möglich wurde die erste Tagung durch eine LEADER-Förderung der Interessengemeinschaft Odenwald (IGO), wofür sich Landrat Matiaske bei der IGO-Geschäftsführerin Rekha Krings bedankte, die auch die Diskussionsrunde zum Thema Digitalisierung moderierte.
Vorbereitet wurde die Tagung von einem Team der Kreisverwaltung und der Wirtschaftsförderung in der Odenwald Regional-Gesellschaft (OREG), bei dem sich Landrat Matiaske ebenfalls bedankte – namentlich bei OREG-Geschäftsführer Marius Schwabe, der wegen einer Erkrankung nicht an der Tagung teilnehmen konnte, und dessen Mitarbeitern Gabriele Quanz, Sandra Stabolidis und Sonny Wießmann sowie bei Marvin Donig und Stefan Toepfer von der Kreisverwaltung.