Eine beträchtlich gestiegene Arbeitsbelastung, eine zu hohe Geschwindigkeit bei neuen Gesetzesinitiativen, gestiegene Einwanderungszahlen und ein sehr komplexer Rechtsbereich – das sind laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung vom Oktober 2023 die wichtigsten Faktoren, die die Arbeit in den Ausländerbehörden überall in Deutschland prägen. Hinzu kommt der überall spürbare Fachkräftemangel. Oftmals lange Antragsbearbeitungen sorgen für Unmut bei ausländischen Bürgerinnen und Bürgern. Aber auch das Arbeitsklima in den Behörden leidet unter diesen Rahmenbedingungen.
Das ist auch bei der Ausländerbehörde des Odenwaldkreises nicht anders. Landrat Frank Matiaske weiß darum: „Ich habe volles Verständnis für die Verärgerung der Menschen, die lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, sowie für die belastende Situation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen ich für ihr großes Engagement sehr danke.“
Vor diesem Hintergrund hat der Landrat die Behörde neu aufgestellt. Sie soll so im Sinne der Bürgerinnen und Bürger schneller und serviceorientierter arbeiten. Die angestoßenen Veränderungen beginnen bereits zu wirken. Matiaske bittet aber um Verständnis dafür, dass es noch Zeit braucht, bis die Rückstände in der Antragsbearbeitung aufgeholt sind und es zu Bearbeitungszeiten kommt, „die auch unserem Verständnis von guten Verwaltungsabläufen entsprechen“.
Im Einzelnen geht es um folgende Initiativen, die ein ganzes Bündel bilden:
- Die Ausländerbehörde ist vor kurzem aus der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung herausgelöst worden und nun eine eigenständige Abteilung. „Wir schaffen damit flachere Hierarchien und kürzere Entscheidungswege“, hebt die neue Hauptabteilungsleiterin Sandra Kemper hervor, die seit Ende April im Landratsamt ist. Sie ist auch für die Ausländerbehörde zuständig. An der Spitze der so modernisierten Behörde steht ein Duo: Bernd Pfau, der sich als kommissarischer Abteilungsleiter um die strategische Ausrichtung kümmert und für die Aufgabe aus einem anderen Bereich abgeordnet wurde, sowie Saadet Öztürk, die die ausländerrechtliche Fachkompetenz mitbringt.
- Im Erdgeschoss des Landratsamts wurden neue Servicebüros eingerichtet, die im Laufe des nächsten Monats zur Verfügung stehen. Somit können Termine schneller und unkomplizierter vereinbart werden.
- Mit Unterstützung von Verwaltungsleiter Oliver Kumpf und der Expertin für Arbeitsprozesse in der Kreisverwaltung, Anita Puschmann, wurden bereits vor einiger Zeit Schritte identifiziert, die eine raschere Antragsbearbeitung ermöglichen. Sie können nun mit der Neuorganisation der Behörde umgesetzt werden. Dabei wird auch auf eine verstärkte Digitalisierung gesetzt. Zum Beispiel sind die wichtigsten Anträge bereits online zu stellen, weitere werden folgen.
- Das Personal in der Ausländerbehörde ist bereits von ursprünglich acht Stellen verdoppelt worden. Erschwerend in der Personalgewinnung wirken allerdings der Fachkräftemangel und eine gewisse Fluktuation in dieser herausfordernden Arbeit. „Die Personalgewinnung ist deshalb eine bleibende Aufgabe, der sich die Behördenleitung aktiv stellt. Unerlässlich ist eine intensive Qualifizierung neu hinzukommender Kräfte im sehr sensiblen Gebiet des Ausländerrechts“, betont Kumpf.
„Unser Ziel ist es, mit der neuen Organisation der Behörde mehr Schwung in die Arbeit zu bringen – mit einer insgesamt effektiveren und effizienteren Arbeitsweise sowie klaren Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten“, so Kemper. „Seit ich vor kurzem meine Aufgabe in der Kreisverwaltung übernommen habe, habe ich mich sehr intensiv mit der Situation der Ausländerbehörde befasst und bin sicher, dass wir gemeinsam vorankommen werden, nicht zuletzt dank der Anstöße für bessere Arbeitsprozesse, auf die ich aufbauen kann.“
Ein wichtiges Anliegen von Landrat Matiaske ist auch die Schaffung eines Services für Arbeitgeberinnen und -geber. Ziel ist, dass diese einen direkten Draht in die Ausländerbehörde bekommen sollen, damit ausländerrechtliche Fragen mit Bezug zu ihrer Mitarbeiterschaft schneller geklärt werden können. Dazu gibt es aktuell enge Abstimmungen zwischen der Behörde und dem kreiseigenen Wirtschaftsservice.
Pfau und Öztürk sind zuversichtlich, dass die anstehenden Aufgaben bewältigt werden können: „Wir stehen für eine serviceorientierte Bearbeitung von Anträgen und sind dank der Neuerungen auf einem guten Weg, den wir Schritt für Schritt gehen.“ Landrat Matiaske dankt allen Beteiligten für ihren Einsatz. „Alle arbeiten mit Hochdruck daran, die Situation kontinuierlich und spürbar zu verbessern.“
Ausdrücklich schließt er sich der Forderung der Bertelsmann-Studie an, nach der „Bundes- und Landesbehörden rasch gemeinsam mit Ausländerbehörden, Arbeitgebern und zivilgesellschaftlichen Akteuren nach Vereinfachungspotenzialen, aber auch Leitplanken zur Auslegung von Ermessen suchen sollten“. „Wir tun auf örtlicher Ebene wirklich sehr viel, brauchen aber auch von Bund und Land bessere Rahmenbedingungen“, so der Landrat.
Die Studie ist hier zu finden.